Metallfreie Stiftaufbauten

 Zur Rekonstruktion von Zahnstümpfen auf wurzelgefüllten Zähnen standen bis etwa 1980 nur metallische gegossene Stiftaufbauten zur Verfügung, die nach direkter Modellation im Mund mit Modelliermaterialien oder auch nach Abformung des aufbereiteten Wurzelkanals in die Zahnwurzel einzementiert wurden. Eine Haftung im Wurzelkanal war nur durch gute Formschlüssigkeit und Haftreibung durch die Körner des Befestigungszementes möglich; eine Klebewirkung ausgeschlossen. Somit konnte man nur bei günstigen anatomischen Voraussetzungen eine Langzeitrekonstruktion des Zahnes erwarten, und entsprechend hoch war die Verlustrate der Stifte, wenn nur noch wenig Zahnsubstanz vorhanden war oder ungünstige Belastungsverhältnisse vorlagen.
Konfektionierte Metallstifte mit dem entsprechenden Präparationsset zur Schaffung einer optimalen Paßform bildeten schließlich die Vorstufe zu Stiften mit selbstschneidendem Gewinde, die sich beim Eindrehen in der Zahnwurzel wie in einem Dübel verankern sollen.
Es erwies sich jedoch, daß die stete Kaubelastung, der die Zähne nun einmal ausgesetzt sind, auch zur oftmaligen raschen Lockerung jener eingeschraubten Stifte führt. Materialuntersuchungen konnten als eine Ursache unterschiedliche Elastizität von Metallstift und Zahnsubstanz zeigen. 

Zur Angleichung der Elastizität von Stift und Zahnwurzel konnten auf der IDS in Köln 1995 erstmalig Kohlefaserstifte vorgestellt werden. Jenes Material wird durch Rösten von Polycarbonfasern bei ca. 3000°C hergestellt, wobei sich die einzelnen Kohlefasern miteinander verbinden und in fast jede beliebige Form gebracht werden können. Entsprechend vielfältig sind die Anwendungsbereiche dieses High-Tech Materials, vom Rennrad über die Ausrüstung von Stabhochspringern bis zu Flugzeugrümpfen. Zusammen mit mittlerweile seit geraumer Zeit verfügbaren Adhäsivkunststoffen kann eine Klebeverbindung des Stiftes im Wurzelkanal mit der Hartsubstanz des Zahnes erreicht werden. Die Wurzel erfährt zudem eine Schienung und Stabilisierung. Neben der klassischen Überkronung ist zur Rekonstruktion des Zahnes je nach klinischer Situation auch eine Kunststoffüllung möglich. Selbst bei ungünstigen klinischen Voraussetzungen ist die Verlustrate dieser Stifte gegenüber Metallstiftaufbauten deutlich reduziert, Restaurationen wurden möglich, wo früher nur die Zahnentfernung durchgeführt werden konnte. Zur besseren Farbabstimmung sind neben den Kohlefaserstiften auch weiße Glasfaserstifte verfügbar; bei gleichzeitiger hoher Kaubelastung Quartzfaserstifte oder auch nicht wieder entfernbare Keramikstifte.